Wolfershausen
Nach zwei Stunden Ehemaligentreffen, kann ich mir vorstellen wie sich Alzheimerkranke manchmal fühlen müssen. Lauter bekannte Gesichter, aber keine Namen die dazu passen. Ein echte Herausforderung sowohl an in die innere Gesichtserkennungssoftware - inkl. Algorithmus zum Altersmorphing - als auch an die Namenserkennungsroutinen.
Die Antwort auf die am meist ausgesprochene Frage: "Na, kennst mich wohl nicht mehr?" lautete dann meistens: "Ähhh, nein, so auf die Schnelle, so direkt nicht". Selbst die Namen brachten nicht immer die Erhellung, 32 Jahre sind doch eine verdammt lange Zeit und meine bereits verstorbene Mutter, das wandelnde Wolfershausen-Lexikon hat definitiv gefehlt.
Andererseits lässt sich eben die Zeit auch nicht zurückdrehn. Die "alten" Zeiten heißen nicht umsonst so, und immer gut waren sie auch nicht. Nach zwei Stunden haben wir uns dann aus dem Staub gemacht, auch wenn die Party erst später losgehen sollte. Man steckt auch nach so vielen Jahren immer noch in seiner alten Rolle, wogegen die anderen sich gemeinsam verändert haben. Ich selbst halt auch, aber eben auf anderen Wegen.
Das Kapitel Wolfershausen ist Teil meiner Vergangenheit, allerdings genauso wie Steinbach und jetzt schon seit längerem Berlin. Ich weiß nicht ob es sich etwas anders anfühlt, weil meine soziale Prägung dort begonnen hat, oder ich dort mit anderen in einer Clique die irren Siebziger durchlebt habe, auf jeden Fall ist ein leichtes Gefühl von Verlust da, vom "dazugehören" wollen. Das geht aber sicher wieder vorbei, morgen bin ich wieder in meiner neuen Heimat und mein Lebensmittelpunkt ist da wo Ulla ist. Da können auch alte Geister nichts dran ändern.
wishbringer56 - 4. Jun, 20:45